Zur geschichtlichen Entwicklung Mühldorfs
(Für die Zeit vor dem 6. Jahrhundert kann empfohlen werden:
Inge Resch-Rauter, Unser keltisches Erbe, Wien 1992
Inge Resch-Rauter, Die Wachau und der heilige Severin, Wien 2005)
Für die Besiedlung unseres Gebietes sind zwei Volksgruppen maßgebend, die Slaven, die am Ende des 6. Jahrhunderts und am Beginn des 7. Jahrhungderts in unseren Raum eindringen und die Baiern, die zum Teil schon in vorkarolingischer Zeit in unser Gebiet kommen, insbesondere aber nach der Schlacht am Lechfelde (955) verstärkte Kolonisations- und Missionstätigkeit durchführen. Wahrscheinlich leben eine Zeitlang beide Volksgruppen weitgehend friedlich nebeneinander und vermischen sich allmählich. Möglicherweise bewohnten die Slaven mehr den Bereich rechts des Spitzerbaches (Ötz, Ötzbach, Ötz = slav. bei den Schafhirten) und die bairischen Siedler mehr den linksufrigen Bereich (Ranna, Muthstal) und den Raum Thurn – Trandorf.
Die erste Besiedlung erfolgt durchwegs auf geschützten Anhöhen und nicht im Tal, wo erstens der Platz für landwirtschaftliche Gehöfte zu gering ist und zweitens wegen des Durchzugweges größere Gefährdung besteht. Als älteste Siedlungsgebiete dürfen daher der Raum Thurn – Povat, Muthstal, Ranna, Ötz , Ötzbach (Lothauhof), Trandorf (oberer Ort) und Amstall angenommen werden. Im Tal, entlang der Bäche, verlaufen teilweise die Verbindungswege und dort siedeln sich daher jene Berufsgruppen an, die einerseits die Wasserkraft nutzen (Mühlen, Sägen, Hämmer) und andererseits die Versorgung der Durchziehenden besorgen, also Wirte, Schmiede, Sattler, Lederer, Kaufleute, etc.
Die frühe Entwicklung des Ortes wird im Wesentlichen von zwei Institutionen bestimmt, von der Kirche und der Grundherrschaft, wobei häufig beide in einer Hand sind. Als erstes kurz die kirchliche Entwicklung Mühldorfs.
Urpfarre St. Michael
Um 800 n.Chr. übergab Karl d. Große dem Passauer Bischof Walderich (+ 804) Besitz in der Wachau. Da die Markgrafen dem Passauer Bischof den Besitz wieder zu entfremden versuchten, trug König Ludwig der Fromme über Klage des Bischofs Regensbert am 28. Juni 823 Sorge für die Rückstellung der Güter an Passau. Erst nach dieser Zeit dürfte die Pfarre St. Michael gegründet worden sein. Allerdings geraten die Ostgebiete des Reiches und damit auch die Wachau unter die Botmäßigkeit der Magyaren und erst der Sieg Otto des Großen in der Schlacht am Lechfelde im Jahre 955 ermöglicht das weitere Missionswerk in unserer Gegend.
Im Jahre 972 erneuert Otto I. dem Passauer Bischof Pilgrim die Schenkung Karls des Großen. Auch Otto II. bestätigt neuerlich den Besitz. 987 erscheint erstmals die Kirche St. Michael als Pfarre und auch ihre Lagebezeichnung gegenüber anderen benachbarten Pfarren. Der Pfarrbezirk St. Michael umfasst das Gebiet zwischen den Urpfarren Weiten, Meisling und Krems, also die heutigen Pfarren Niederranna, Heinrichschlag, Weinzierl, Weißenkirchen, Wösendorf, Spitz, Maria Laach, Aggsbach Markt und Dorf und vielleicht auch Rossatz.
Bald beginnt dann die Aufgliederung in kleinere Pfarrbereiche. Urkundlich bewiesen ist, dass die mit dem Patrozinium St. Georg ausgestattete, der Seelsorge dienende Burgkapelle zu Oberranna im Jahre 1125 die Mutterpfarre St. Michael verlässt. Die Abspaltung der Filialkirche Niederranna erfolgt zu Beginn des 13. Jahrhunderts.
Ob diese Filialkirche wirklich bereits am 14. Jänner 865 der heiligen Margarete geweiht worden ist und damit die älteste Filialkirche von St. Michael wäre, ist umstritten. Ursprünglich mussten die Neugeborenen noch nach St. Michael zur Taufe gebracht werden, im Jahre 1228 tritt dann eine Verselbständigung der Pfarre ein, doch reicht sie weiterhin der Mutterpfarre jährlich 5 Talente und Ehrungen zu den hohen Festtagen.
1159 gelangt das Stift St. Florian in den Besitz von St. Michael, somit kommt auch die Pfarre Niederranna zum Stift St. Florian, das erst 1952 auf seine Patronats- und Inkorporationsrechte verzichtet.
Die Kirche in der Burg Oberranna wird nach der Stiftung des Paulinerkloster Unterranna (1414) diesem übertragen und nach der Aufhebung des Klosters 1783 mit Niederranna vereinigt.
Die Filialkirche zum heiligen Ulrich in Trandorf entstand um 1400 und gehörte immer zu Niederranna.
(Siehe auch: www.pfarre-muehldorf.org/)
Grundherrschaften
Zwei Grundherrschaften prägen unser heutiges Gemeindegebiet, die Herrschaft Ranna mit der Burg Oberranna als Zentrum und das Stift Göttweig mit der Herrschaft Prandhof (auch Brandhof) in Niederranna. Kleinere Bereiche in der KG Elsarn gehören auch zur Herrschaft Spitz und im Gebiet von Trandorf hat auch die Herrschaft Pöggstall Besitzungen. Einige Trandorfer Höfe genießen ähnlich große Vorrechte wie die Freien von Raxendorf. Dementsprechend unterstehen die Bewohner auch drei verschiedenen Hochgerichten: Untertanen von Ranna unterstehen dem Gericht in Spitz, die Grundholden von Göttweig gehören zum Hochgericht Kottes und ein Teil der Trandorfer Bewohner hat das Hohe Gericht in Pöggstall.
Ortsgemeinden – Großgemeinde - Marktrecht
Bei der Bildung von selbständigen Gemeinden nach dem Provisorischen Reichsgemeindegesetz vom 17.3.1849 entstehen drei Gemeinden: Elsarn am Jauerling, Mühldorf und Trandorf. Die Katastralgemeinde Povat gehört zunächst nach Trandorf, wird dann aber Elsarn zugeteilt. Im Zuge einer Gemeindereform 1905 soll Elsarn zwischen Mühldorf und Trandorf aufgeteilt werden. zu dieser Maßnahme kommt es aber nicht. Erst 1972 werden im Zuge der Kommunalreform Elsarn am Jauerling, Mühldorf und Trandorf zu einer Großgemeinde vereinigt. Dieser Gemeinde werden auch Bengelbach und Eichberg angeschlossen.
Mühldorf setzt sich seitdem aus 9 Katastralgemeinden zusammen:
Amstall, Elsarn, Mühldorf, Ober- und Niederranna, Ötz, Ötzbach, Povat (mit Thurn) und Trandorf.
Wann Mühldorf das Marktrecht erhalten hat, lässt sich nicht sagen. Im 17. Jahrhundert wird der Richter von Mühldorf allerdings häufig auch Marktrichter genannt. Das heutige Marktwappen und die Marktfarben werden im Jahre 1952 verliehen. Das zweigeteilte Wappen spiegelt die ehemaligen Grundherrschaften wieder, die drei Berge mit dem Kreuz für Göttweig und den Greif von Ranna.
Dorf der Mühlen
Wie auch immer die historische Schreibweise lautete, Muldorf, Můldorf, Můlldorff, Můldarf oder Můldarff immer war die Bedeutung die gleiche: Dorf der Mühlen, wobei der Begriff Mühle für jede Art des Wasserantriebs verwendet wurde.
Das Gefälle des Spitzer Baches und seiner Zubringer wird eben zum Antrieb von Wasserrädern verwendet, die ihrerseits Mühlen, Hammerwerke oder Sägen antreiben. In den letzten Jahrzehnten lassen sich noch folgende Wasserräder nachweisen:
Eichberg 6, Unterranna 60 (Payerl), Dorfstraße 1 (Bekehrti), Bergwerkstraße 5-7, Ledertal 6 (Brunner), Ledertal 12(Preiser), Spitzer Straße 6 (Berger), Spitzer Straße 16 (Schneeweis), Spitzer Straße 33 (Aigner-Pachschwöll).
Dazu passt auch, dass es noch im 20. Jahrhundert einen Wasserradbauer in Mühldorf gegeben hat.
Zurecht steht daher im Ort ein nachgebautes Wasserrad und an den Zufahrtsstraßen grüßen symbolische Mühlsteine den Besucher.